Menschenwürde – aber ohne Wiedergutmachungsrassismus! (28.06.2018)

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Zu Beginn meines Beitrages will ich kein Gedicht zitieren, sondern – vielleicht ist es ein ganz guter Anlass – das Grundgesetz:

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft … benachteiligt oder bevorzugt werden.

Ich will nun nicht behaupten, dass die Autoren des Koalitionsantrages diesen zentralen Satz unseres Grundgesetzes nicht kennen. Sicher ist aber, dass sie diesen Satz als Verfassungsauftrag nicht ernst nehmen. Sicher ist, dass sie weder den staatlichen Institutionen noch den Bürgern unseres Landes zutrauen, Diskriminierung zu erkennen,

zu bekämpfen und zu beseitigen.

Schauen wir einmal auf die Fakten. Laut Statistischem Bundesamt leben in Deutschland 539.385 Menschen mit afrikanischer Staatsangehörigkeit, ein Anteil von etwa 0,65 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Der Anteil der sogenannten Afrodeutschen in der Berliner Bevölkerung beträgt nach Schätzungen rund 1,9 Prozent.

Angesichts der Zahlen stellt sich die Frage, warum gerade diese Gruppe von Menschen herausgestellt und besonders gefördert werden soll. Und stellt die Nichtförderung von anderen Minderheiten dann nicht eine schwerwiegende Diskriminierung dar? Wer ständig neue Vorschriften, Aktionen und Organisationen erfindet, weil er die bestehenden nicht konsequent anwendet, setzt sich dem Verdacht aus, nicht Probleme beseitigen zu wollen, sondern die Diskussion über Probleme als ideologischen Selbstzweck zu betreiben.

Und genau darum handelt es sich bei dem Antrag der Koalition. Anstelle mit Konsequenz gegen alltäglichen Rassismus und Antisemitismus in unserer Stadt vorzugehen, flüchten Sie in neue Programme, Projekte und Partnerschaften.

Ihr Antrag bereitet die Grundlage für weitere selbstreferenzielle Betroffenheitsnetzwerke, die mit Millionen von Euro Steuergeldern Diskriminierung nicht beseitigen, sondern unserem Land eine nahezu groteske Kolonialismusdebatte aufzwingen wollen.

Die politische Linke in Deutschland lässt keine Gelegenheit aus, die Frage nach der deutschen Identität für nahezu unanständig zu halten. Mit umso größerer Besessenheit werden aber die Identitätssuche und Identitätspflege anderer Völker zur Menschheitspflicht verklärt.

Jede Minderheit hat nach Ihrer Lesart ein Anrecht auf Identität. Nur wer Mehrheit ist, hat kein Recht, seine Identität zu leben.

Das ist genau die Situation, die Thilo Sarrazin mit einem Buch, „Deutschland schafft sich ab“, so zutreffend und erfolgreich beschrieben hat. Diese Art von Wiedergutmachungsrassismus wird die AfD-Fraktion nicht unterstützen und Ihren Antrag selbstverständlich ablehnen.

Die Koalition muss sich schon fragen lassen, ob sie mit ihrem Antrag nicht selbst einem ganz massiven Rassismus verfallen ist, denn die ausschließliche Fokussierung auf Benachteiligung von Schwarzen ist auch eine Ausgrenzung. Ihr weißer Blick auf schwarze Probleme offenbart genau die Bevormundung, die Sie angeblich bekämpfen wollen.

Mit welchem Recht versagen Sie den Angehörigen anderer Rassen Ihre politische Fürsorge? Glauben Sie, dass die Leiden von Schwarzen es rechtfertigen, über die Leiden anderer zu schweigen? Wir sollten uns davor hüten, einen Kampf um die Spitze der weltweiten Opferpyramide zu unterstützen. Rassismus und Diskriminierung sind farbenunabhängig, und leider ist die Hoffnung von Nelson Mandela auf ein farbenblindes Afrika unerfüllt geblieben. Ja, auch Opfer von Rassismus und Diskriminierung können Täter von Rassismus und Diskriminierung sein. Wir können die Augen nicht vor den millionenfachen Massakern in Ruanda verschließen. Wir können den Rassismus der südafrikanischen Regierung gegenüber weißen Farmern nicht übersehen.

Wir können das Morden von Ausländern gleicher Hautfarbe in Südafrika nicht ausblenden.

Unsere Ablehnung von Rassismus und Diskriminierung erfolgt eben nicht aus Ihrer Perspektive des Wiedergutmachungsrassismus, sondern aus der Überzeugung von der unteilbaren Würde und Eigenverantwortung der Menschen aller Hautfarben.

Ich danke Ihnen!

 

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